Nach wie vor gibt es nur wenige medizinhistorische Arbeiten, in denen Ge- schlechterverh?ltnisse und Geschlechterdifferenz in der Entwicklung von Medizin untersucht werden. Das Paradigma einer geschlechtsneutralen Wis- senschaft wird ebensowenig in Frage gestellt wie die "Nat?rlichkeit" der Geschlechterverh?ltnisse. Gerade die Frauen- und Geschlechtergeschichte und die neuere Wissenschaftsgeschichte haben demgegen?ber aber die Histo- rizit?t von "Natur" aufgezeigt und die Naturwissenschaften als ein historisch bedingtes und variables Wissenssystem interpretiert. Die Produktion und Anwendung von Wissen erscheinen als zutiefst abh?ngig vom jeweiligen soziokulturellen Entstehungskontext. Meine Untersuchung medizinischer Quellen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts geht davon aus, da das produzierte Wissen weder eine anschei- nend "entdeckte" Natur lediglich widerspiegelt noch geschlechtsneutral or- ganisiert ist. "Geschlecht" als historische Kategorie in die Medizingeschichte einzuf?hren, bedeutet also keineswegs, nur die biologistischen Naturalisie- rungen von "Weiblichkeit" aufzusp?ren und wegen ihrer antifeministischen und misogynen Gehalte an den Pranger zu stellen. Es geht um mehr: Es mu zum einen danach gefragt werden, inwiefern medizinische Theorien durch das Postulat der Geschlechterdifferenz strukturiert wurden. Zum anderen mu herausgestellt werden, welchen Anteil die Medizin an der Herstellung der Geschlechterordnung hatte.
Author: Katrin Schmersahl |
Publisher: Vs Verlag Fur Sozialwissenschaften |
Publication Date: Jan 31, 1998 |
Number of Pages: 383 pages |
Binding: Paperback or Softback |
ISBN-10: 3810020095 |
ISBN-13: 9783810020093 |