Die Nachtigall und die Lerche Die Nachtigall sang einst mit vieler Kunst; Ihr Lied erwarb der ganzen Gegend Gunst; Die Bl?tter in den Gipfeln schwiegen Und f?hlten ein geheim Vergn?gen. Der V?gel Chor verga der Ruh' Und h?rte Philomelen zu. Aurora selbst verzog am Horizonte, Weil sie die S?ngerin nicht g'nug bewundern konnte. Denn auch die G?tter r?hrt der Schall Der angenehmen Nachtigall; Und ihr, der G?ttin, ihr zu Ehren Lie Philomele sich noch zweimal sch?ner h?ren. Sie schweigt darauf. Die Lerche naht sich ihr Und spricht: Du singst viel reizender als wir; Dir wird mit Recht der Vorzug zugesprochen; Doch eins gef?llt uns nicht an dir, Du singst das ganze Jahr nicht mehr als wenig Wochen. Doch Philomele lacht und spricht: Dein bittrer Vorwurf kr?nkt mich nicht Und wird mir ewig Ehre bringen. Ich singe kurze Zeit. Warum? Um sch?n zu singen. Ich folg' im Singen der Natur; So lange sie gebeut, so lange sing' ich nur. Sobald sie nicht gebeut, so h?r' ich auf zu singen; Denn die Natur l? t sich nicht zwingen. O Dichter, denkt an Philomelen, Singt nicht, so lang ihr singen wollt. Natur und Geist, die euch beseelen, Sind euch nur wenig Jahre hold. Soll euer Witz die Welt entz?cken, So singt, so lang ihr feurig seid, Und ?ffnet euch mit Meisterst?cken Den Eingang in die Ewigkeit. Singt geistreich der Natur zu Ehren; Und scheint euch die nicht mehr geneigt, So eilt, um r?hmlich aufzuh?ren, Eh' ihr zu sp?t mit Schande schweigt. Wer, sprecht ihr, will den Dichter zwingen? Er bindet sich an keine Zeit. So fahrt denn fort, noch alt zu singen, Und singt euch um die Ewigkeit.
Author: Christian F?rchtegott Gellert |
Publisher: Culturea |
Publication Date: 44942 |
Number of Pages: 222 pages |
Binding: Fiction |
ISBN-10: |
ISBN-13: 9791041903559 |